Tai Ji Quan – in der Ruhe liegt die Kraft. Gesundheit fördern und ausgeglichener in den Tag starten. Bis vor zwanzig Jahren kannten wir folgende Szene nur aus dem Fernsehen: Menschen, die im fernen China in Parks oder auf großen Plätzen ganz langsam gymnastische Übungen durchführten. „Schattenboxen“, erklärte der Sprecher, „halte im fernen China die Menschen gesund bis ins hohe Alter.“ Fasziniert schauten wir dem unbekannten Tai Ji Quan – so der Name der Übungen – zu. Mitte der siebziger Jahre dann wurde Tai Ji Quan (kurz Tai Ji genannt) auch in Mitteleuropa bekannt und fand binnen kürzester Zeit viele Anhänger. Inzwischen gibt es bei uns in der Bundesrepublik Deutschland bereits über 100000 Menschen, die Tai Ji regelmäßig praktizieren. Getreu dem Motto: „Lerne das Schattenboxen und du wirst biegsam wie ein Kind, stark wie ein Holzfäller und gelassen wie ein Weiser!“
Es gibt viele Arten des Tai Ji. Am bekanntesten ist Tai Ji Quan. Diese Kunst des kampflosen Kampfes geht davon aus, dass man jeden noch so hart ausgeführten Angriff mit sanften, runden Bewegungen ausweichen kann.
Die drei wichtigsten Säulen, auf denen Tai Ji ruht, sind: Meditation, Gesundheitsvorsorge und Selbstverteidigung. Jeder Tai Ji-Lehrer oder -Meister wird beim Wort Selbstverteidigung betonen: Der Selbstschutz ist bei Tai Ji das Ziel, niemals der Angriff. Geduld, Ausdauer und Aufmerksamkeit bei den diversen Übungen beruhigen unser durch Alltagsstress belastetes Nervenkostüm und führen den Geist hin zum wichtigsten beim Tai Ji, zu den Meridianen, den Energiebahnen in der chinesischen Medizin.
Die Zeitschrift „im Einklang“ wollte Näheres über Ta Ji wissen. Sie befragten den Tai Ji-Lehrer sowie Autor mehrerer Tai Ji-Bücher, Foen Tjoeng Lie (51), ein in Indonesien geborener und aufgewachsener Chinese:
Was ist Tai Ji Quan?
Herr Lie: „Tai Ji Quan ist eine traditionelle chinesische Methode der physischen und mentalen Schulung und entstammt den Selbstverteidigungskünsten, die unter dem Oberbegriff Wu Shu beziehungsweise Kung Fu zusammengefasst werden. Die Bewegungsformen bzw. die Bewegungsabläufe sind festgelegt und werden aus verschiedenen vorgegebenen Sequenzen, d.h. Folgen oder Figuren in einer Art Choreographie zusammengefügt.
Sie werden von einer imaginären Vorstellungskraft geführt und von einer ruhigen, natürlichen, gleichmäßigen und tiefen Atmung begleitet. Ta Ji Quan wird durch fließende, weiche und runde Bewegungen, durch eine rhythmische, sanfte und ruhige Art der Ausführung charakterisiert. Es ist ein sich immer wieder wandelndes Zusammenspiel von Aktion und Ruhe. Es vermittelt den Übenden und den Zuschauern eine anmutige Ästhetik, die man körperlich und emotional spüren und genießen kann.
Auf den Übenden wirkt es zugleich entspannend, beruhigend, erheiternd und erfrischend. Nach Auffassung der traditionellen chinesischen Medizin entwickelt und erhält das Tai Ji Quan das Qi (die Lebenskraft) des Menschen und regt es zugleich an, in den Energiebahnen des Körpers, den Meridianen, zu zirkulieren und die Funktionsfähigkeit und Vitalität des Körpers zu erhalten.
Das Tai Ji Quan reguliert durch die Einflussnahme auf das Qi die verschiedenen Funktionssysteme des Organismus und fördert die Gesundheit, die geistige Klarheit und das psychische Gleichgewicht des Übenden. Außerdem ermöglicht es ihm die Ganzheit von Körper und Geist an sich selbst zu erleben. Tai Ji beruhigt den durch Alltagsstress aufgewühlten Körper, sorgt für eine gute, tiefe Bauchatmung, verbessert die Körperhaltung und beruhigt das zentrale Nervensystem.“
Vor 200 Jahren entdeckte Hahnemann die Homöopathie. Vor über 50 Jahren entwickelte Dr. Hans-Heinrich Reckeweg (1905-1985) die Homotoxikologie und die Antihomotoxische Medizin.
Gibt es auch einen Entdecker des Tai Ji Quan?
Herr Lie: „Tai Ji ist uralt. Aber, es gibt einen Begründer des Yang-Stils, das ist die Form des Tai Ji, die am meisten gelehrt wird. Auch hier in Deutschland. Yang Fu Kui (1799-1872), der als Yang Lu Chan bekannt wurde, lernte als Diener einer wohlhabenden Beamtenfamilie in der Provinz He Nan von einem Tai Ji Quan-Meister die innere Kampfkunst.
Mit 40, zurück in seinem Heimatdorf, begann er selbst als Lehrer zu wirken. Jahre später in Peking begann er den Yang-Stil auszubauen. Er stellte Übungen, die der Erhaltung der Gesundheit, der Schulung des Körpers und des Geistes dienten, in den Vordergrund. Beispielsweise versteht man unter Entspannung beim Yang-Stil die gleichzeitige Entspannung von Körper und Geist. Bereits bei Beginn der Übung sollte man geistig zentriert und innerlich ruhig sein. Man ist aufmerksam und offen für das kommende, ohne sich geistig oder körperlich auf ein bestimmtes Ziel oder eine Bewegung hin zu versteifen. Wenn der Geist ruhig und entspannt ist, kann auch der Körper entspannt und locker werden.“
Wer sollte Tai Ji Quan praktizieren?
Herr Lie: „Alle Menschen, die Spaß daran haben, Geist und Körper in Einklang zu bringen. Aber auch Menschen, die Probleme mit ihrer Atmung, dem Stoffwechsel, dem Kreislauf oder ihren Muskeln haben. Gerade bei Bluthochdruck-Patienten hat sich Tai Ji bestens bewährt. Allerdings sollte man Tai Ji nie ohne gut geschulte Lehrer durchführen.“
Alles über Seminare und Bücher
- Seminare: Herr Lie führt in Deutschland und Europa Ta Ji-Seminare durch. Wann und wo diese stattfinden oder Seminare von anderen, hervorragenden Lehrern, erfahren Sie unter der Rufnummer (040) 227 63 54 und Fax (040) 227 63 68. Per e-mail erreichen Sie Herrn Lie über info@kolibri-seminare.de.
- Buchtips: Wer die Grundlagen des Ta Ji erlernen möchte, aber wenig Zeit hat, für den ist das Taschenbuch von Foen Tjoeng Lie „10 Minuten Tai Ch’i“ (Falken Verlag, 12,90 DM) empfehlenswert.
Umfassender ist natürlich das Buch von Foen Tjoeng Lie und Christa Proksch „Körper, Geist und Seele – Tai-Ji-Quan Yang-Stil“ (Kolibri-Verlag)
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